Luxemburg, 11. Mai 2023 – ILGA Europe hat heute, wie in jedem Jahr kurz vor dem Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie (IDAHOBIT) am 17. Mai, den aktuellen Rainbow Europe Index veröffentlicht. Mit diesem Benchmarking Tool werden die Fort- und Rückschritte der einzelnen Länder in Europa in Bezug auf die rechtliche Situation von LGBTIQ+ Menschen aufgezeigt.

Luxemburg rutscht im Ranking auf Platz sieben

Luxemburg, das in den vergangenen Jahren dreimal in Folge den dritten Platz belegte, ist im letzten Jahr bereits auf den fünften Platz zurückgefallen und hat in diesem Jahr mit einer Punktzahl von 68% erneut zwei Plätze verloren um nun auf dem siebten Platz zu landen. Luxemburgs Rückfall im Ranking ist nicht das Ergebnis einer Verschlechterung der Gesetzgebung, sondern vielmehr die Konsequenz von einem quasi Stillstand in der gesetzgeberischen Arbeit. In den vergangenen 24 Monaten gab es keine nennenswerten Fortschritte in der Gesetzgebung, es wurden keine neuen Gesetzesprojekte ins Parlament eingebracht, die die Rechte von LGBTIQ+ Menschen in Luxemburg gestärkt hätten.

Dringende Forderungen von Rosa Lëtzebuerg, auf die die queere Community seit langem warten und auf die wir im letzten Jahr mehrfach hingewiesen haben, wurden bisher noch nicht umgesetzt: so zum Beispiel das Verbot von Operationen bei Kindern mit Variationen der Geschlechtsmerkmale ohne deren informiertes Einverständnis oder die längst überfällige automatische Anerkennung der Elternschaft bei gleichgeschlechtlichen Paaren.  Die verhältnismäßig einfache Umsetzung eines Verbotes von Konversionstherapien wurde noch nicht einmal als Notwendigkeit thematisiert. Gerade in der Rubrik der körperlichen Unversehrtheit von intersexuellen Personen hat Luxemburg noch gar keinen gesetzlichen Rahmen geschaffen und dementsprechend keine Punkte.

“Heute lässt sich eine enttäuschende Bilanz für die Regierung in Bezug auf LGBTIQ+-Rechte ziehen. Trotz der durch Krisen geprägten Lesgilaturperiode kann das COVID-19-Virus nicht vollständig für diese Stagnation verantwortlich gemacht werden”, so der Verwaltungsrat von Rosa Lëtzebuerg. “Die jüngsten Krisen haben uns nur noch deutlicher gezeigt, wie wichtig es ist, konsequente Gesetzgebung zum Schutz von Minderheiten zu haben.” Bei der viel diskutierten Verfassungsreform wurden die Forderungen nach verfassungsrechtlichem Schutz vor Diskriminierung von LGBTIQ+-Personen ignoriert. “Wie schnell Gesetze gekippt oder ausgehöhlt werden können und gesetzliche Diskriminierungen wieder entstehen können, ist in Polen oder Ungarn zu beobachten”, warnt der Verwaltungsrat. “Eine Verankerung in der Verfassung wäre ein längst überfälliger Schritt gewesen.

Positive und negative Trends in Europa

Der Rainbow Europe Index 2023 zeigt, dass trotz Rückschlägen in einigen Ländern Fortschritte in der rechtlichen Anerkennung und Gleichstellung von LGBTIQ+ Menschen in Europa möglich sind. Positive Beispiele sind Spanien, das eine umfassende Gesetzgebung zur rechtlichen Anerkennung von Geschlecht auf der Basis von Selbstbestimmung eingeführt hat, und Belgien, das aufgrund der Aufnahme von Geschlechtsidentität und Geschlechtsmerkmalen als erschwerende Faktoren in das Strafgesetzbuch vier Punkte im Ranking gestiegen ist.

Negativ hervorzuheben sind dagegen Länder wie Serbien und die Türkei, wo die Versammlungsfreiheit von LGBTIQ+ Menschen eingeschränkt wird, sowie die zunehmende Anti-Trans-Rhetorik in vielen Ländern. In den USA sind über 492 Gesetze in Bundesstaaten wie Texas, Tennessee oder Florida eingereicht worden, die das Leben von trans Menschen nachhaltig schaden könnten.

Rosa Lëtzebuerg trägt als nationale Interessenvertretung zur Erhebung bei

Rosa Lëtzebuerg asbl beteiligte sich als nationale Interessenvertretung von queeren Menschen an der Erhebung der Daten für Luxemburg. Unsere Vereinigung weist darauf hin, dass neben der öffentlichen Unterstützung von sozio-kulturellen und sozio-edukativen Einrichtungen wie dem Rainbow Center und dem Beratungszentrum Centre LGBTIQ+ CIGALE auch die Fortschritte bei der rechtlichen Gleichstellung nicht vernachlässigt werden dürfen. 

Im Vorfeld der Parlamentswahlen im Oktober 2023 werden wir allen Parteien einen Katalog mit Forderungen zukommen lassen, der die Prioritäten der queeren Community in Luxemburg beschreibt. Die Ergebnisse des Rainbow Europe Index 2023 sind ein Aufruf zum Handeln.