Anlässlich des am 17. Mai bevorstehenden IDAHOBIT, dem Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie, hat ILGA Europe das jährliche Update der RAINBOW MAP sowie des RAINBOW INDEX veröffentlicht. Diese Karte sowie der ihr zugrundeliegende Index stellt sehr übersichtlich die Fort- oder Rückschritte von 49 europäischen Ländern in Bezug auf die Umsetzung von Forderungen zur Verbesserung der rechtlichen Situation von LGBTIQ+ Personen auf einer Skala zwischen 0 % (grobe Menschenrechtsverletzungen, Diskriminierung) und 100 % (Achtung der Menschenrechte, vollständige Gleichstellung) dar. Rosa Lëtzebuerg asbl ist als Vertreter Luxemburgs erneut an der Ausarbeitung beteiligt gewesen.
Während im letzten Jahr eine allgemeine Stagnation in Europa zu beobachten waren, ist der diesjährige Rainbow Index durch eine Welle an Fortschritte in einzelnen Länder geprägt. Allen voran Dänemark, welches sich 2021 um ganze 7 Plätze durch eine groß angelegte Strategie zur Schließung von Lücken in der Antidiskriminierungsgesetzgebung verbessern konnte und nun auf Platz 2 gelandet ist. Dies bedeutet für Luxemburg (mit 68% gegenüber 72% der Punkte im Vorjahr) einen Abstieg von Platz 3 auf Platz 5.
Nachdem es bereits 2020 keine rechtlichen Änderungen zu Gunsten von LGBTIQ+ Personen in Luxemburg kam, zeichnete sich dieser Trend 2021 fort. Längst überfällige Projekte wie der Gesetzesentwurf zum Verbot von medizinischen Eingriffen an Kinder ohne deren informierte Zustimmung, das die Regierung noch bis Ende 2021 durch das Parlament bringen wollte, lassen weiterhin auf sich warten.
Auch weitere langjährige Forderungen von Rosa Lëtzebuerg asbl, wie beispielsweise die Automatische Anerkennung der Elternschaft unabhängig der geschlechtlichen Identität oder sexuellen Orientierung der Eltern oder ein Verbot von Konversionstherapien (Versuch der physisch oder psychisch gewaltsamen „Heilung“ von queeren Menschen) wären dringende Baustellen, die verhältnismäßig leicht umzusetzen wären. Ebenfalls eine flächendeckende rechtliche Umsetzung über die Anerkennung von nicht-binären Geschlechtsidentitäten wäre eine Forderung auf die Rosa Lëtzebuerg zusammen mit ITGL in den vergangenen Jahren wiederholt aufmerksam gemacht hat und die von ILGA Europe als Priorität eingestuft wurde.
Verfassungsreform: Risiko einer auf Generationen verpasste Chance
Wie bereits im Oktober 2021 darauf hingewiesen, erinnert Rosa Lëtzebuerg asbl erneut daran, dass Luxemburg mit der derzeitigen Fassung des Verfassungsänderungsvorschlages auf lange Sicht das binäre Geschlechtermodell in der Verfassung zementieren könnte. Damit laufen wir Gefahr, dass die Verfassung bereits veraltet ist, noch bevor sie in Kraft tritt. Dies vor dem Hintergrund der Diskussionen über eine Einführung weiterer Geschlechtsoptionen im Zivilstand.
Auch ein zu schwammiges, allgemeines Diskriminierungsverbot anstelle einer expliziten Nennung von u.a. sexueller und affektiver Orientierung, Geschlechteridentität und Geschlechtsmerkmale als Diskriminierungsmotive in der zukünftigen Verfassung würde ein Risiko für LGBTIQ+ Menschen bedeuten. Es ist schlicht nicht akzeptabel, dass LGBTIQ+ Personen darauf hoffen müssen, dass zukünftige Entscheidungsträger*innen und Gerichte den allgemeinen Diskriminierungsbegriff so auslegen, wie er ursprünglich gedacht war.
Weitere Beobachtungen:
Unter dem Titel „Körperlichen Unversehrtheit von Inter-Personen“ möchte ILGA Europe und die Mitgliederorganisationen die Regierungen verstärkt auf den Schutz der Menschenrechte von Inter-Personen aufmerksam machen. Hier werden neben bekannten auch neue Forderungen genannt, wie beispielsweise die Schaffung eines wirksamen Überwachungsmechanismus in Bezug auf die Umsetzung des Verbotes von medizinischen Eingriffen bei Kinder ohne deren informierte Zustimmung.
Nach jahrelangem Stillstand gibt es jedoch in Griechenland, Lettland, Litauen, Serbien, der Slowakei und Slowenien auch eine positive gesetzgeberische Bewegung, die dem Narrativ entgegenwirkt, dass es bei den LGBTIQ+ Rechten in Europa ein Ost-West-Gefälle gibt. Jedoch rutschen auch frühere Spitzenreiter ab: das Vereinigte Königreich landete vom 10. auf dem 14. Platz.
Rosa Lëtzebuerg erneuert Forderungen an die Regierung
Der Rainbow Index gibt an, wie sehr sich eine Regierung um die Rechte von LGBTIQ+ Menschen bemüht. Dies hat direkte Auswirkungen auf die Lebensrealität von queeren Menschen in Luxemburg. Die Positionierung hat darüber hinaus auch einen Einfluss auf die Außenwahrnehmung Luxemburgs.
Rosa Lëtzebuerg asbl möchte daher die Regierung dazu aufrufen, sich der Rolle Luxemburgs als Vorreiter in Sachen Menschenrechte bewusst zu werden und sich den noch offenstehenden Forderungen anzunehmen. Rosa Lëtzebuerg asbl erneuert auch das Angebot, bei der Ausarbeitung der Texte beratend zur Seite zu stehen.