Nur wenige Tage nach der Luxembourg Pride Week, einer Woche im Zeichen der queeren Community, in der auf die Schicksale und Forderungen der LGBTIQ+ Community aufmerksam gemacht und den Menschen einen Zugang zur queerer Kultur gegeben werden soll, stellen wir mit Bestürzung fest, dass sich bei diversen Gelegenheiten zum Teil organisierter Hass auf Mitglieder der LGBTIQ+ Community entladen hat.
 
Im Rahmen des Pride Week schließt sich die Chambre des Députés seit 2019 dem Aufruf Rosa Lëtzebuergs an, um durch das Zeigen der Regenbogenfahne ihre Solidarität zu bekunden. In diesem Jahr ist das luxemburgische Parlament mit dem Einfärben des Profilbildes in Regenbogenfarben noch einen Schritt weiter gegangen. Zwei Abgeordnete und zahlreiche Mitglieder der ADR haben daraufhin dieses Zeichen der Solidarität öffentlichkeitswirksam abgelehnt und dabei teilweise eine inakzeptable Wortwahl an den Tag gelegt, die dazu beiträgt, dass weitere, schlimmere Hassbotschaften gepostet wurden. Rosa Lëtzebuerg asbl verurteilen die oft wiederholte Darstellung von LGBTIQ+ als politische Ideologie auf’s schärfste: sie suggeriert aus einem strategischen Kalkül heraus, dass es sich bei grundlegenden Menschenrechte um eine politische Kampagne handeln würde, dass also die sexuelle und affektive Orientierung oder die geschlechtliche Identität eine Wahl wäre und der Schutz vor Diskriminierung und Hass ungerechtfertigt sei.
 
Ein weiteres, mit Abstand dramatischeres Beispiel stellt eine Veranstaltung der öffentlichen Bibliothek der Stadt Esch dar, die in diesem Jahr wieder eine Lesung mit deluxemburgischen Drag-Künstlerin Tatta Tom geplant hat. Bei den Lesungen von Tatta Tom werden einem jüngeren Publikum Geschichten vorgelesen, die Kinder dazu anregen sollen, resepktvoll und tolerant mit anderen Menschen umzugehen und Diversität nicht als etwas Schlechtes zu betrachten. Die Kommentare, die u.a. auf die Aufforderungen eines hauptstädtischen Gemeinderats der ADR hin enstanden sind, sprengen jede Form eines konstruktiven und respektvollen Argumentes und dürften in vielen Fällen von strafrechtlicher Relevanz sein. Einige Kommentare und persönliche Nachrichten an den Künstler enthalen Aufrufe zum Hass, einzelne stellen sogar Gewalt- und Morddrohungen dar.
 
Das Ausmaß und die Inhalte der Reaktionen verdeutlichen die Empfänglichkeit eines Teils der Öffentlichkeit für die Meinungen und Botschaften von rechtskonservativen Politiker*innen. Ganz offensichtlich werden hier die Narrative einer AfD aus Deutschland oder der US-amerikanischen Alt-Right-Bewegung übernommen um die Meinung zu schüren, Drag-Lesungen könnten zur Frühsexualisierung bei Kindern führen. Nicht nur die Umstände und Tatsachen der Lesung selbst, sondern die empirische Forschung belegen dass es keine Frühsexualisierung gibt. Letzendlich geht es bei solchen Veranstaltungen um das Vorlesen kindgerechter Literatur. Die absichtliche Verbindung oder Vermischung von Drag-Lesungen mit Veranstaltungen mit vermeintlich anrüchigem sexuellen Charakter, zeugt von einer bösartige Absicht.
 
Wir fordern die konsequente Verfolgung von strafrechtlich relevanten Hassbotschaften und Gewaltdrohungen sowie wirksame Massnahmen zum Schutz, zur Anerkennung und zur Gleichberechtigung queerer Kunstdarbietungen und ihrer Akteur*innen.
 
Rosa Lëtzebuerg asbl verurteildie Instrumentalisierung der LGBTIQ+ Community und deren berechtigte Forderungen nach Schutz, Anerkennung und Gleichberechtigung zu Wahlkampfzwecken durch eine politische Partei, die damit politisches Kapital auf Kosten der queeren Minderheit schlagen will. Wir verurteilen darüber hinaus alle Kommentator*innen, die mit grenzüberschreitenden Aussagen dazu beitragen, dass Mitglieder der queeren Community zu Schaden kommen könnten, ohne dabei jedoch diejenigen zu stigmatisieren, die ein Angebot wie das der Escher Bibliothek auf respektvolle Weise nicht in Anspruch nehmen wollen oder sich mit der Thematik nicht auseinandergesetzt haben und daher eine andere Einstellung vertreten, solange diese nicht in Hassreden gipfelt.
 
Im dritten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts sollten wir imstande sein, respektvoll miteinander umzugehen und Vorurteile durch konstruktive Gespräche abbauen zu wollen. Wir laden daher alle ein, die Fragen zu queeren Themen haben und ihren Horizont erweitern möchten, zu einem konstruktiven Dialog mit uns oder anderen Akteuren im LGBTIQ+ Bereich.
 
Wir möchten an dieser Stelle ebenfalls allen Unterzeichnenden der vom Centre LGBTIQ+ CIGALE und Rosa Lëtzebuerg initierten Front gegen rechten Hass und Queerfeindlichkeit für ihre Unterstützung danken.